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Freikirchen wollen sich aktiv in Gesellschaft einbringen

Erste gemeinsame Pressekonferenz nach staatlicher Anerkennung - Freikirchen wollen unabhängig vom Staat mit diesem aktiv kooperieren - Eigener Religionsunterricht ab 2014/15 angestrebt

 

Wien, 29.08.2013 (KAP) Mit der staatlichen Anerkennung der Freikirchen in Österreich bieten sich neue Möglichkeiten des Engagements in der Gesellschaft und als Kooperationspartner des Staates, den die Kirchen nützen wollen. Das war Grundtenor bei der ersten gemeinsamen Pressekonferenz des Zusammenschlusses der Freien Christengemeinde-Pfingstgemeinde, des Bundes evangelikaler Gemeinden, des Bundes der Baptistengemeinden, der Elaia Christengemeinden und der Mennonitischen Freikirche am Donnerstag in Wien.

 

Hervorgehoben wurde bei diesem Anlass erneut, dass sowohl der Zusammenschluss der fünf Freikirchen als auch die jetzt erfolgte staatliche Anerkennung "weltweit einzigartig" sei, so der Sprecher der Freikirchen in Österreich, Pastor Walter Klimt.

Die offizielle Anerkennung der Freikirchen war am Montag erfolgt, die Pressekonferenz fand im Gemeindezentrum der Baptisten in der Wiener Mollardgasse statt. Die Gemeinde besteht seit 1869 und ist somit die älteste freikirchliche Gemeinde in Österreich.

Bereits jetzt sind die Freikirchen besonders stark im sozial-karitativen Bereich engagiert - ein Umstand, der die Kirchengemeinden durch die staatliche Anerkennung jetzt auch zu einem Kooperationspartner für den Staat mache, führte Klimt weiter aus. Besonders stark sei das Engagement in der Flüchtlings- und Integrationsarbeit, gegen Zwangsprostitution und Menschenhandel und für den umfassenden Lebensschutz, wo die christlichen Kirchen in Österreich im Rahmen der "Lebenskonferenz" bereits seit einigen Jahren zusammenarbeiten.

Dies alles geschehe auf Basis einer biblischen Ethik der Mitglieder und eines positiven Verhältnisses zum Staat, zu dem die Freikirchen "klar getrennt und unabhängig, aber gleichzeitig als Kooperationspartner" stehen, so der Sprecher der Freikirchen. Er kündigte an, dass die Freikirchen aus ihrer Sicht ein Positionspapier für das Staat-Kirche-Verhältnis erarbeiten wollen. Aus diesem Grundverständnis sei es klar und wünschenswert, wenn sich Mitglieder der Freikirchen auch in der Politik kompetent engagieren, so Klimt mit Verweis auf Martin Luther King und seiner historischen Rede vor 50 Jahren in Washington.

Raus aus dem Sekten-Eck

Mit der Anerkennung sei die lange Zeit der fehlenden Rechtspersönlichkeit der Freikirchen und die Zwischenphase als religiöse Bekenntnisgemeinschaft endlich überwunden worden, betonte Klimt. Der Vertreter der Elaia-Christengemeinde, Helmuth Eiwen ergänzte: "Wir stehen nicht mehr im Sekten-Eck."

Es sei ein großer Wert für die Kirchen, dass sie sich nun auf rechtlich sicherem Terrain bewegen könnten, erläuterte Klimt und verwies dabei u.a. auf arbeits-, steuer- und veranstaltungsrechtliche Regelungen, die mit der Anerkennung nunmehr klar geregelt sind. In diesem Zusammenhang wurde die Unterstützung der Katholischen und der Evangelischen Kirche auf dem Weg zur Anerkennung positiv hervorgehoben.

Das starke Anwachsen der Freikirchen in Österreich - laut Klimt habe sich die Zahl der Gläubigen in den letzten 30 Jahren verzehnfacht - sei maßgeblich für die Anerkennung durch den Staat gewesen. Der Zusammenschluss der fünf Freikirchen hat derzeit nach eigenen Angaben knapp 20.000 Mitglieder, wobei die gesamte freikirchliche Szene in Österreich auf 45.000 bis 60.000 Gläubige geschätzt wird. Von daher wolle die nun anerkannte Kirche auch Anwalt und Stimme für alle freikirchlichen Gemeinden sein, die dem neuen Zusammenschluss nicht angehören und daher auch nicht denselben Rechtsstatus haben.

Ein Beitritt dieser Gemeinden zu den "Freikirchen in Österreich" sei möglich, wenn sich einzelne freikirchlichen Gemeinden zu einem Bund zusammenschließen und als solcher der jetzt anerkannten Kirche beitreten. Daneben besteht auch die Möglichkeit, dass sich Gemeinden den bereits bestehenden freikirchlichen Bünden anschließen, erläuterten die Vertreter der fünf vereinigten Freikirchen.

Religionsunterricht ab Schuljahr 2014/15

Das mit der staatlichen Anerkennung verbundene Recht zum schulischen Religionsunterricht wollen die Freikirchen bald aktiv nutzen. Die Vorbereitungen darauf - beispielsweise die Erstellung von Lehrplänen - sei bereits im Gange. Es sei "Ziel, ab dem Schuljahr 2014/15 mit dem freikirchlichen Religionsunterricht an der Schule zu starten", so Reinhold Eichinger, der als Vertreter des Bundes evangelikaler Gemeinden an der Pressekonferenz teilnahm.

Hinsichtlich der Kirchenfinanzierung sind durch die Anerkennung keine Änderungen zu erwarten. Die freikirchlichen Gemeinden werden höchstwahrscheinlich bei freiwilligen Beiträgen bleiben und keinen Pflichtbeitrag mit der Möglichkeit einer steuerlichen Absetzbarkeit einführen, so Klimt.

Trotz Einheit bleibende Unterschiede

 Der Zusammenschluss der fünf Freikirchen ist "kein Zweckbündnis" zur Erlangung der staatlichen Anerkennung, sondern eigentlich ein "Wunder" und ein "Modell", wie Kirche verfasst sein kann, erklärte Pastor Klimt zu den Hintergründen dieser weltweit einzigartigen Kooperation der Freikirchen in Österreich. "Wir gehen unter das Dach einer Kirche und stehen zu unseren Unterschieden." Dies sei möglich, weil die persönliche christliche Glaubensentscheidung in den freikirchlichen Gemeinden stärker verbinde, als die bleibenden theologischen Unterschiede, führte der Sprecher der Freikirchen anhand des gemeinsamen Mottos "Einheit. Vielfalt. Christus." aus.

 Als bleibende Unterschiede nannte Klimt die Stellung der Frau im kirchlichen Leitungsamt, die nach wie vor unterschiedlich geregelt ist, oder das ökumenische Engagement. Hier gäbe es eine Bandbreite von aktiver ökumenischer Zusammenarbeit, wie es beispielsweise die Baptisten im Rahmen des Ökumenischen Rats der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) praktizieren, bis hin zu Distanz und Skepsis bei anderen Freikirchen. Entscheidend sei, dass sich "Kirchen nicht aneinander versündigen" und dass eine "versöhnte Verschiedenheit" möglich wird, so Klimt.

 

Missionarisches Grundverständnis

Für alle freikirchlichen Gemeinden typisch sei ein vom Evangelium getragenes Missionsverständnis. Sie kenne "keine freikirchliche Gemeinde, die nicht auch ein missionarisches Projekt hat", sagte Anita Ivanovits von der Baptistengemeinde. Mission beginne dort wo man lebe, und sei getragen von persönlicher Glaubensüberzeugung, gepaart mit Toleranz. "Nicht wir bekehren die Menschen, sondern Gott. Wir verkündigen nur, wenn nötig auch mit Worten", sagte Klimt.

Neben dieser persönlichen Ebene der Mission gebe es aber auch ein "strategisches Missionskonzept", ergänzte Reinhold Eichinger vom Bund evangelikaler Gemeinden, der damit konkrete Gemeindegründungsprojekte der derzeit aus rund 160 Kirchengemeinden bestehenden "Freikirchen in Österreich" ansprach.

Versöhnung der Kirchen auf Augenhöhe

Mit der nun erfolgten staatlichen Anerkennung sei auch "Versöhnung der Kirchen auf Augenhöhe" leichter möglich. Das sagte Prof. Hans-Peter Lang, der gemeinsam mit Prof. Heinrich Schneider seitens der katholischen Kirche den Weg zur staatlichen Anerkennung aktiv unterstützt hatte und dafür von Pastor Klimt neben Rechtsanwalt Peter Krömer im Rahmen der Pressekonferenz ausdrücklich dafür bedankt wurde.

Es gelte, die vergangenen Ungerechtigkeiten der katholischen Kirche weiter aufzuarbeiten, so Lang. Einiges sei dafür schon geschehen, erinnerte Klimt und verwies auf den denkwürdigen Gottesdienst der Freikirchen im Wiener Stephansdom im Jahr 1998 und die dabei formulierte Vergebungsbitte von Katholiken für das, was in der Vergangenheit den Mitgliedern der freikirchlichen Täuferbewegung angetan wurde.

Weitere Informationen über die "Freikirchen in Österreich" sind auf der neuen Internetplattform www.freikirchen.at abrufbar.

 

Eine Nachricht von www.kathpress.at